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Sag deinen Website-Besuchern nicht, was sie tun sollen.

Vielleicht hast du auch schon öfters gehört oder gelesen, dass du auf deiner Website Handlungsaufforderungen – sogenannte Call to Actions – einbauen sollst. Damit zusammenhängend wird gern suggeriert, dass du Besuchern durch den auffälligen Button mit der aktiven Formulierung unmissverständlich klarmachen musst, was sie jetzt tun SOLLEN.

Unausgesprochen schwingt mit: Weil Besucher es sonst ja selber nicht so richtig checken, was sie eigentlich jetzt machen WOLLEN ;-).

Blog-Artikel: Sag deinen Website-Besuchern nicht, was sie tun sollen.

Hallo, ich bin Annika, selbstständige Designerin und ich unterstütze Selbstständige dabei, sich online und offline sichtbar zu machen. Am liebsten ohne oberflächliches Werbegetrommel sondern mit einer stabilen visuellen Basis.

Designerin für Selbstständige, zum Beispiel für dein Logo und Corporate Design

Stattdessen:
Gib deinen Besuchern die Möglichkeit, etwas zu tun.

Ich bin voll für (sinnvolle) Handlungsaufforderungen, um das nochmal klar zu sagen.

Aber heute stelle ich diese Sichtweise, dass du Website-Besuchern sagen musst, was sie jetzt als nächstes tun sollen, in Frage! Dazu hat mich unter anderem dieser Blog-Artikel inspiriert:
https://www.alexandrapolunin.com/blog/allegra-bob

Auffällige Handlungsaufforderungen einbauen.
Dann läufts, oder?

Irgendwo auf meiner Website in einem älteren Blog-Artikel habe ich das vielleicht auch noch so formuliert: Einfach aktivierende, plakative Aufforderungen einbauen, dann läufts mit den Anfragen und der Neukundengewinnung.

Denn ja, Besucher sind oftmals etwas verpeilt auf Websites unterwegs (und im Zweifelsfall auch schnell wieder weg). Und solche Handlungsaufforderungen sind immerhin deutlich und gut erkennbar. Und Wiederholung ist auch gut, weil Besucher wichtige Aufforderungen sonst schnell mal übersehen.

Mit etwas zu simplen Vorstellungen zu Website-Besuchern habe ich mich schon in diesen Blog-Artikeln kritisch auseinandergesetzt:
Was du dir zu deinen Website-Besuchern schönredest.
Warum du deine Website-Besucher nicht begeistern musst.

Website-Besucher haben zu Recht ihre eigenen Ziele.

Website-Besucher haben ihre eigenen Ziele.
Zu Recht.

Ehrlich gesagt finde ich es aus Sicht des Website-Besuchers nicht so angenehm, wie ich als Besucher der Website hier gesehen werde. Nämlich als jemand, dem man stumpf sagen muss, was er oder sie jetzt als nächstes machen SOLL.

So als hätte ich als Besucher nicht gerade meine eigenen Ziele beim Besuch der Website. Vielleicht will ich ja (noch) gar nicht direkt buchen, kaufen oder mir das kostenfreie Dokument herunterladen. Vielleicht will ich ja einfach erstmal in Ruhe gucken, recherchieren, abwägen und dann selbst überlegen, ob ich hier noch mehr machen möchte. Vielleicht möchte ich vor allem das Gefühl haben, mich frei entscheiden zu können, was ich als nächstes mache.

Und das ist der Unterschied in der Sichtweise. Auf einer Website darf und sollte es sinnvolle Optionen geben, was Website-Besucher jetzt als nächstes machen können. Auf jeden Fall.

Aber diese technische Sichtweise, dass Besucher ›Jetzt buchen‹ drücken, weil der Button so schön fett auf dem Bildschirm prankt und die Aufforderung doch so aktivierend ist, finde ich einfach zu stumpf und auch fast ein bisschen abwertend.

Wie soll ein Entscheidungsprozess auf der Website wirklich ablaufen, damit beide Seiten davon profitieren.

Nehmen wir mal meine Website als Beispiel (weil du gerade eh hier bist):
Die wichtigste Handlungsaufforderung auf meiner Website ist Kennenlerngespräch buchen.

Ich fände es aus meiner Sicht als Designerin eher schwierig und nicht erstrebenswert, wenn jemand, der mal kurz auf meiner über-Mich-Seite war und dann meine Design-Pakete gecheckt hat, direkt einen Termin bucht, um sich mal auszutauschen. Vor allem wenn nach der Call-to-Action-Logik ›du sollst als nächstes GENAU DAS HIER MACHEN‹ ausschlaggebend war, dass der Button da so schön einfach (oder wiederholt) vor der Person auf dem Bildschirm aufgetaucht ist.

Ich möchte, dass die Person sich vorher gut überlegt hat, ob ich für sie passen könnte.
Ich möchte, dass die Person sich ein bisschen unsicher war und dann in Ruhe abgewogen hat (das spricht nämlich für diese Person!).
Ich möchte ganz sicher nicht, dass die Person auf den Gespräch-Buchen-Button klickt, weil der andauernd schön auffällig im Weg herumstand.

Und ehrlich gesagt möchte ich das auch bei Themen wie Newsletter mal ein bisschen in Frage stellen. Wenn da jemand nur mal schnell drückt und abonniert, weil der Call-To-Action ruft ›Du sollst das jetzt machen‹ und weil vielleicht noch ein kostenloses Angebot damit verknüpft ist, bezweifle ich, dass das wirklich eine Person ist, die von mir regelmäßig etwas lesen möchte.

Und das ist ok. Ich selbst lese viele Newsletter leider zu wenig und merke, dass mir die Kapazitäten dafür fehlen. Aber ich drücke eben auch nicht mehr so oft oder nur noch sehr ausgewählt auf einen Abonnieren-Button. Und ausschlaggebend für eine Newsletter-Anmeldung sind meist ganz andere Kriterien. Ganz sicher nicht die Penetranz des Call-to-Action-Buttons. Aber dazu kommen wir gleich noch.

Der Unterschied zwischen ›Möglichkeiten anbieten› und stumpf mit ›Du sollst‹ zur Handlung auffordern.

Jetzt wirst du vielleicht sagen, der Unterschied zwischen Möglichkeiten anbieten und direkt zur Handlung auffordern ist doch nun wirklich nicht so eine große Sache. Ich finde schon.

Weil es wieder mal darum geht, ob ich mit meinen Website-Besuchern auf Augenhöhe umgehe. Und weil es darum geht, ob ich mich realistisch hineinversetze, wie unterschiedlich und komplex Entscheidungsprozesse ablaufen. Und weil ich mich als Website-BetreiberIn dann viel besser damit auseinandersetzen kann, was ich auf welche Weise auf meiner Website anbieten möchte. Und das kannst du auch.

Man könnte jetzt auch einwenden. Aber das mit den schubsenden Call-To-Actions funktioniert doch. Ja, mit Sicherheit.

Aber liegt das vielleicht auch daran, dass wir es mittlerweile gewohnt sind, dass Handlungsaufforderungen so sind? Und die Frage ist ja auch, ob ausgerechnet das stumpfe Auffordern wirklich funktioniert?

Oder ob es in der Realität nicht vielleicht doch diese Mischung aus ganz vielen weiteren Dingen ist, die in die Entscheidung zur Handlung reinspielen.

Machen wir mal ein Gedankenspiel zu einem Entscheidungsprozess.

Stumpfer Entscheidungsprozess nach dem Schema ›Du sollst jetzt das hier machen‹:

  • Person kommt über die Suchergebnisse auf die Website und sieht Website-Projekte im Portfolio, die ihr gefallen.
  • Person fragt sich, wer hier dahintersteckt und überfliegt die Über-Mich-Seite.
  • Person checkt die Seite mit den Preisen und Paketen, weil sie neugierig auf die Investition ist.
  • Person sieht dort die auffällige Handlungsaufforderung zum Kennenlerngespräch und denkt sich ›super, dann mache ich das wohl direkt. Ist ja offenbar jetzt der nächste Schritt, der von mir gewünscht wird‹.

... klingt irgendwie ein bisschen zu einfach, oder?

Tja, dann bring noch etwas Geduld mit und lies dir noch den realistischeren Prozess durch...

Entscheidungsprozess in der Realität:

  • Person kommt über die Suchergebnisse auf die Website und sieht Website-Projekte im Portfolio, die ihr gefallen.
  • Person fragt sich, wer hier dahintersteckt und überfliegt die Über-Mich-Seite.
  • Person checkt die Seite mit den Preisen und Paketen, weil sie neugierig auf die Investition ist.
  • Person sieht Handlungsaufforderung zum Kennenlerngespräch und geht darüber hinweg, weil sie erstmal weiter herausfinden möchte, ob das Angebot zu ihr passt. Sie behält die Info aber im Hinterkopf, dass es das hier gibt!
  • Person schaut sich die Preise und Pakete genauer an und versucht den Umfang zu verstehen und einzuschätzen.
  • Person beschließt, später nochmal vorbeizuschauen, weil ihr das Angebot grundsätzlich gefällt und passen könnte. Aber weil die Investition gut überlegt sein will, muss erst noch weiter recherchiert und verglichen werden.
  • Person guckt auf anderen Websites und findet auch welche die ganz ok sind. Aber irgendwas fehlt. Die Referenzen sind weniger aussagekräftig und nicht so ansprechend. Oder es wirkt so anonym und zu glatt, was die Texte angeht.
  • Person kommt nach einigen Tagen zurück auf die Website, checkt nochmal die Rahmenbedingungen der Angebote.
  • Person schaut im Blog rein, weil sie vorher gesehen hatte, dass da ganz interessante Themen behandelt werden.
  • Person guckt nochmal auf die über-Mich-Seite, um sich mit dem Anbieter vorab nochmal ein bisschen vertrauter zu machen.
  • Person checkt nochmal die Projekte im Portfolio, um sich zu vergewissern, dass die wirklich ganz ansprechend waren.
  • Person beschließt, das Thema jetzt anzugehen, weil sie jetzt so langsam merkt, dass es Zeit wird. Da im Portfolio NICHT auf jeder Seite ein großer stumpfer Jetzt Gespräch buchen Button als Handlungsaufforderung prankt, klickt die Person einfach im schlichten Hauptmenü auf den Menüpunkt ›Gespräch buchen / Kontakt‹.
  • Auf der Kontaktseite sieht die Person nochmal, wie die Kontaktaufnahme generell hier läuft und klickt auf die Terminbuchungsseite, wo sie direkt Infos findet und ein Datum aussuchen und buchen kann.
  • Die Person hatte hier auch überhaupt kein Problem damit, dass sie jetzt ganze zwei Klicks (OMG) machen musste, um auf die Terminbuchungsseite zu gelangen. Denn sie hat sich ja entschieden, das jetzt zu machen und ist kein stumpfer ›generierter Lead‹ in irgendeinem Marketing-Funnel, der fremdgesteuert irgendwo reingelockt wurde und dann mit dem zweiten Klick nicht mehr klarkommt. ;–)

Ja, der letzte Satz oben ist etwas scherzhaft und sarkastisch gemeint. Aber manchmal scheint im Onlinemarketing ein bisschen in Vergessenheit zu geraten, dass es echte Menschen sind, die sich da irgendwo online durch diese ›Sales Funnel‹ bewegen.

Die Realität ist komplexer. Und uneindeutiger.

So Leute. Und das war nur EIN möglicher Prozess und EINE mögliche ›Reise‹ auf einer ganz bestimmten Website.

Und jetzt erzählt mir nicht, der Unterschied, der dazu führt, dass diese Person auf der Website das Gespräch bucht, ist die Ansprache in den fett umrandeten Call to Actions nach dem Motto:

Beispiele für Call to Action Buttons

»Los buch jetzt‹ Los drück mich. Los Klick hier.«

»Ach du hast auf den anderen Seiten noch nicht gebucht?
Dann mach das JETZT.«

»Falls du es noch nicht wusstest, du kannst hier direkt BUCHEN.«

»Du willst jetzt loslegen. Dann buch dir doch einfach ein Gespräch.«

»Lass uns sprechen. Buch dir hier direkt ein Gespräch.«

»Klingt das gut für dich, dann lass uns JETZT STARTEN…«

Aktivierende Formulierungen sind nur ein Aspekt von vielen.

Alles schön und gut. Wenn schon so schön aufgefordert wird, lasse ich mich als Website-Besucher auch gern ein bisschen (ver-)leiten. Und motivierende und aktivierende Formulierungen finde ich auch angenehm (solange es authentisch zum Kontext und Anbieter passt und nicht stumpf und laut wird).

Aber damit Website-Besucher die Handlungsaufforderungen als Option wahrnehmen und nutzen, machen doch eigentlich ganz andere Punkte in der Realität den Unterschied.

Darum werden die wichtigen Handlungsaufforderungen auf einer Website wirklich geklickt:

  • Die Website war auf den ersten Blick recht übersichtlich und erstmal angenehm.
  • Die Website hat Substanz (nicht nur ein Onepager mit oberflächlichen Infos).
  • Die Referenzen im Portfolio waren ansprechend und überzeugend.
  • Die Über-Mich-Seite hat Gewissheit geliefert, dass hier offenbar eine echte Person hintersteckt, die erstmal ganz vertrauenswürdig rüberkommt.
  • Die Angebotsseite ist umfassend und transparent, so dass vorab viel klarer wird, was zu welchen Rahmenbedingungen wie geleistet wird.
  • Die Infos wirken ehrlich und wertschätzend. Es gibt wenig Blabla. Als Besucher fühlt man sich ernstgenommen.
  • Die Website wird als hilfreich eingestuft, den Entscheidungsprozess weiter voranzubringen.
  • Durch die Transparenz vorab kann die Person sich für (oder gegen) den nächsten Schritt entscheiden.
  • Die Person kommt nach einiger Zeit wieder und bestätigt sich nochmal in dem positiven Grundgefühl, wägt nochmal ab.
  • Durch die Summe an positiven Eindrücken und Informationen kann die Person pragmatisch und einfach den nächsten Schritt setzen (nämlich ein Kennenlerngespräch über die Kontakt-Seite buchen).

Und ja für den letzten Schritt ist es wichtig, dass die Möglichkeit leicht zugänglich ist. Aber es ist eben nicht dieses ›Los, mach jetzt, buch mich‹. Sondern die ganzen kleinen Abwägungen, das positive Grundgefühl, die Transparenz, die Sympathie, die Verfügbarkeit der ganzen Informationen.

Das sind aus meiner Sicht Kriterien für gute Handlungsaufforderungen:

  • Die Handlungsaufforderung macht inhaltlich Sinn, weil sie zur Reise des Website-Besuchers passt.
  • Handlungsaufforderungen werden nicht inflationär genutzt, sondern gezielt.
  • Die Bedürfnisse des Website-Besuchers werden nicht zugunsten stumpfer Marketing-Techniken missachtet.
  • Die Handlungsaufforderung nervt nicht und wird nicht ständig stumpf wiederholt.
  • Die Handlungsaufforderung macht deutlich, dass eine Handlung vom Anbieter wirklich erwünscht ist und als reale Möglichkeit zur Verfügung steht (sie ist nicht nur da, ›weil man das halt so macht‹).
  • Die Handlungsaufforderung wirkt einladend und bezieht den Website-Besucher mit ein.
  • Die Handlungsaufforderung ist mehr ein optionales Angebot als eine pushende Aufforderung.
Bevormunde Besucher nicht. Lade Besucher zu sinnvollen Handlungen ein.

Bevormunde Besucher nicht.
Lade Besucher zu sinnvollen Handlungen ein.

Also wenn du jetzt das nächste Mal die üblichen Ratschläge siehst, deine Website-Besucher RESOLUT an die Hand zu nehmen und aufzufordern, auf deiner Website etwas zu tun, hinterfrag das ruhig mal. Willst du das überhaupt? Würdest du im realen Leben so vorgehen?

Oder würdest du lieber aus dem Hintergrund einladen und sinnvolle Optionen anbieten. Damit deine Website-Besucher selbstbestimmt und aus den richtigen Gründen deine Möglichkeiten annehmen und nutzen können, wenn sie soweit sind.

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