Brichst du bei der Recherche online regelmäßig in Begeisterung aus, weil die Website ansprechend und informativ ist? Ich vermute, im Alltag passiert diese Art von Gefühlsausbruch eher selten.
Ich weiß ja, wie es gemeint ist, wenn ich solche Formulierungen bei anderen Anbietern lese. Aber Begeisterung in Bezug auf Website-Besucher ist ein sehr großes Wort.
Hallo, ich bin Annika, selbstständige Designerin und ich unterstütze Selbstständige dabei, sich online und offline sichtbar zu machen. Am liebsten ohne oberflächliches Werbegetrommel sondern mit einer stabilen visuellen Basis.
In einer Zusammenarbeit machen wir keine Website, die deine Besucher begeistern wird. So, jetzt ist es raus.
Diese Beschreibung mit den begeisterten Website-Besuchern geht mir mittlerweile etwas auf die Nerven, weil sie so inflationär genutzt wird. Es ist ein bisschen so ähnlich wie mit diesen ›Kundenerlebnissen‹, die scheinbar überall online auf einen warten. ;-)
Und wenn wir ehrlich sind, hat vermutlich niemand, der eine ›Website, die deine Kunden begeistern wird‹ anbietet, wirklich geprüft, ob da hinterher tatsächlich Website-Besucher irgendwo vorm Bildschirm sitzen und BEGEISTERT reagieren. Es ist nur eine optimistische Floskel, eine Annahme oder bestenfalls eine ehrlich gemeinte Überzeugung.
So wie ich auch überzeugt bin, dass ich mit meinem Angebot einen Mehrwert für Selbstständige schaffe, die eine Website brauchen.
Diese Vorstellung von Begeisterung kann aber im Kopf von Selbständigen, die ihre Website aufbauen wollen, auch Druck auslösen. Und sie vermittelt aus meiner Sicht auch kein brauchbares Bild, wozu die Website da sein soll.
Die Website soll also unbedingt Begeisterung auslösen. Eine Nummer kleiner reicht nicht. Nur dabei werden andere, bessere und realistischere Ziele gar nicht mehr so genau angeguckt. Hauptsache Begeisterung. Lies dazu auch meinen Blog-Artikel Gute und nicht so gute Ziele für deine Website.
Ich möchte hier weniger emotional überhöhte Formulierungen überlegen, die zum Angebot und den eigenen Zielen passen und möglichst realistisch und konkret sind.
Was sollen Besucher REALISTISCH denken und fühlen, wenn sie auf (d)einer gelungenen Website unterwegs sind:
Mit solchen kleinen Eindrücken und Beschreibungen des Gefühlszustandes der Besucher kannst du dir vielleicht schon besser vorstellen, was die Website und die Inhalte konkret beim Besucher auslösen sollen. Und du kannst besser überlegen, wodurch solche Gefühlsregungen ausgelöst werden könnten.
Beobachte dich selbst, wenn du online recherchierst. Welche Eindrücke und Bewertungen kommen dir in den Sinn? Was ist dir wichtig, wenn du ein Angebot einschätzt?
Also halten wir fest: ›Begeisterung‹ als Begriff hilft gar nicht so richtig. Und ist eigentlich fast immer überhöht als Ziel. Denn im Alltag sitzen wir nicht vorm Rechner oder Smartphone und lassen uns ständig begeistern. Schon gar nicht, wenn wir im Hinterkopf schon die ganzen anderen noch offenen Tabs haben.
Also was brauchen wir stattdessen. Was sind die Grundlagen, die die Website braucht, damit Besucher damit etwas anfangen können.
Ich starte mal mit einer Negativsache, die eigentlich selbstverständlich sein sollte.
Wir alle kennen diese Websites, auf denen wir landen und nach einigen Sekunden (und einer etwas angewiederten Grimasse) wieder verlassen.
Weil die Website ganz furchtbar aussah. Altbacken. Veraltet. Optisch irgendwie verunfallt. Oder mit einem Layout, das noch optimiert für Bildschirme mit 800 Pixel oder 1024 Pixel Breite ist (ja, so etwas gibt es manchmal noch). Auch bei Websites, die mit ganz vielen Elementen vollgestopft sind, ist man schnell wieder weg. Vor allem, wenn die Inhalte nicht auf den ersten Blick weiterhelfen.
Manche Websites wirken auch einfach unsympathisch, irgendwie unseriös, umprofessionell oder anderweitig unbehaglich.
Ohne groß darüber nachzudenken, entsteht direkt das Gefühl: Hier möchte ich eigentlich lieber nichts kaufen, buchen oder anfragen. Und wenn die Website schon so unbehaglich aussieht, wie ist dann das reale Angebot? Und solche Eindrücke gibt es bei der Recherche online dauernd.
Und es muss gar nicht immer die grottenhässliche Website sein. Es können auch Details wie eine klobige und zu enge Schrift sein, anhand denen der Besucher entscheidet, doch erstmal lieber woanders weiterzugucken.
Eine Website-Atmosphäre, die nicht abschreckt, ist für mich der Einstieg, der erstmal ganz weit weg von Gefühlsausbrüchen wie Begeisterung liegt.
Ein Einstieg, der eher dazu dient, den Besucher und seine Bedürfnisse besser zu verstehen und eine positive Grundatmosphäre zu schaffen. Es geht nicht darum, sich ein Idealbild eines Besuchers vorm Bildschirm auszumalen, der direkt begeistert in die Hände klatscht und sich freut, wenn er auf der Website landet.
Es geht um einen Besucher, der keine angewiderte Grimasse zieht und NICHT nach drei Sekunden den Zurück-Button zu den Suchergebnissen klickt oder den Tab schließt!
Bei der Recherche haben Besucher meist ein Problem oder eine Frage im Kopf. Sie sind auf der Suche nach einer Lösung. Und nicht immer ist direkt eine Lösung in Sicht. Besucher wühlen sich durch Suchergebnisse und häufig wissen sie noch nicht mal genau, ob die Suchrichtung schon die richtige ist. Sie gucken erstmal. Sie halten Ausschau und stellen bei der Recherche fest, dass es noch viel mehr Fragen und Möglichkeiten gibt, als sie dachten.
Und da entsteht häufig erstmal eine Phase mit Überforderung und ein bisschen Frust. Weil sie sich das leichter vorgestellt haben. Und weil es im Internet so viel Informationen und Angebote gibt. Aber es so viel schwerer wird, sich für etwas zu entscheiden oder etwas zu finden, das sich wirklich gut anfühlt.
Wenn Besucher also nach einer Lösung oder nach Wissen suchen und auf (d)einer Website landen, sollte im Idealfall ein Gefühl von Erleichterung aufkommen. Sie sollten das Gefühl haben, dass sie hier richtig sein könnten. Dass es sich hier lohnt, weiterzulesen, weiterzuklicken, weiter Zeit auf dieser Website zu verbringen.
Erleichterung kann ja auch mit vielen ähnlichen Gefühlszuständen und Eindrücken verbunden sein:
Vor einiger Zeit habe ich aus privaten Gründen überlegt, ob es zu Hundepensionen noch Alternativen gibt, bei denen der Hund in einer Gastfamilie untergebracht ist. Und zu meiner Überraschung habe ich in meiner Region eine Website gefunden, auf der genau das angeboten wurde. Und die Website wirkte direkt angenehm, recht persönlich und vertrauenswürdig.
Es wurden Fragen geklärt / angesprochen, die ich im Kopf hatte. Sorgen und Unsicherheiten wurden recht offen thematisiert und ernstgenommen. Es war eben nicht nur die minimale Website, die ein bisschen oberflächliches Blabla enthält und einen abspeist, damit man erst anfragen muss.
Dadurch hatte ich direkt ein
Gefühl von Erleichterung.
Der Ort für unsere Hochzeitsfeier kam zu einem kleinen Teil auch deswegen zustande, weil auf der Website direkt Infos und Beispiele für Sitzpläne und Buffets zu finden waren. Als Interessent weiß man so vorab schon ungefähr, was möglich ist und was es ungefähr kosten könnte. Und das kann sehr erleichternd sein, wenn man Sorge hat, nichts Passendes mehr zu finden. Und wenn man als Privatperson eh keine Ahnung hat, wie das so läuft.
Vor allem wenn man sich parallel durch viele Websites wühlt, auf denen gar keine Angaben zu Familienfeiern gemacht werden oder nur schlechte, altbackene Fotos zu finden sind und man direkt das Gefühl hat, hier möchte ich auf keinen Fall hin.
Bevor wir uns die Begriffe Transparenz und Nahbarkeit näher anschauen, komme ich mal mit einer weiteren (durchaus berechtigten) Formulierung um die Ecke, die inflationär genutzt wird:
›Die Website soll Vertrauen aufbauen.‹
Aber die Frage ist, wodurch wird Vertrauen eigentlich aufgebaut? Besucher kommen auf deine Website und kennen dich vielleicht noch nicht persönlich. Also warum sollten sie dir und deinem Angebot vertrauen. Wie soll das gehen?
Früher hätte ich auch an dieser Stelle auch in erster Linie auf eine professionelle Darstellung verwiesen. Wenn die Website einen guten Eindruck macht, denkt der Besucher, dass hier jemand Vertrauenswürdiges dahinterstecken muss.
Aber in der Realität ist das Thema Vertrauensaufbau wohl um einiges komplizierter.
Streng genommen geht es auf der Website meistens um einen Vertrauensvorschuss, der hier aufgebaut werden soll. Denn deine Website-Besucher können dir und deinem Angebot ja eigentlich noch gar nicht wirklich vertrauen, ohne schon persönlich mit dir in eine Beziehung zu treten.
Und da ist Transparenz aus meiner Sicht die größte Stärke einer Website. Weil eine Website das digitale Abbild des realen Unternehmens ist und relativ niedrigschwellig für jeden online erreichbar ist.
Du kannst hier alles bereitstellen, was Interessenten wissen sollten und (vorab) wissen möchten. Und da fallen mir wenig Alternativen ein, die das auch leisten könnten.
Eine optisch ansprechende Darstellung ist keine Garantie, dass man einem Anbieter vertrauen kann. Sprichwörtlich jeder kann eine professionell gestaltete Website mit freundlichen Gesichtern drauf machen. Es gibt ganze auf Hochglanz polierte Onlineshops, die aber Fakeshops sind, die noch nicht mal im Impressum so richtig preisgeben, wer dahinter steckt.
Es muss also neben einer professionellen Darstellung, die erstmal ganz vertrauenswürdig wirkt, weitere Anhaltspunkte geben, die Besuchern und Interessenten dabei helfen, eine Einschätzung zu treffen.
Wichtig dabei ist, dass diese Informationen ›echt‹ und nicht nur irgendwie oberflächlich sind. Die Website sollte nicht voller Phrasen sein, bei denen man das Gefühl hat, hier hat jemand einfach nur einen gut klingenden Marketingtext geschrieben und ein paar ansprechende Stockfotos dazugepackt. Alles ganz nett. Aber am Ende hat man das Gefühl auf der Website nicht wirklich etwas erfahren zu haben.
Beim Thema Transparenz gibt es auch häufig Befürchtungen. Gebe ich damit nicht zu viel preis? Macht mich das nicht irgendwie angreifbar?
Meist lassen sich solche Befürchtungen prüfen, indem du abgleichst, wie die Zusammenarbeit denn real ist.
Wenn auf der Website relevante Dinge preisgegeben werden, die Kunden in der Zusammenarbeit auch so erleben, warum solltest du diese dann verstecken oder fast ganz zurückhalten:
Und ich meine hier nicht, dass Transparenz in Oversharing oder das übertriebene Mitteilen von privaten Befindlichkeiten ausartet.
Aber ich sehe viele Websites, auf denen so gut wie gar keine richtige Transparenz geschaffen wird. Als Besucher bleibt das Gefühl, dass man nur schlauer und sicherer in der Entscheidung werden würde, wenn man das Risiko eingehen würde, dort anzufragen. Und persönlich anfragen ist für viele Menschen nun einmal eine Hürde (hallo liebe Introvertierte da draußen ;-)). Oder zumindest eine Mühe, bei der sie vorher sicher sein möchten, ob es sich lohnt.
Und wenn es bei einem anderen Anbieter einfacher ist, an die hilfreichen Infos zu kommen, dann schauen Menschen lieber da nochmal.
Und auch um das nochmal klar zu sagen: Informationen auf der Website wegzulassen, erzeugt keine NEUGIER! Niemand wird motiviert, anzufragen, wenn Informationen fehlen. Lies dazu auch meinen Blog-Artikel Was du dir zu deinen Website-Besuchern schönredest.
Vielleicht hast du im Hinterkopf auch Erlebnisse, wo Begeisterung wirklich real stattgefunden hat. Kunden und Interessenten sind schon begeistert auf dich zugekommen. Weil sie dein Produkt bei einem anderen Kunden gesehen haben oder du ihnen empfohlen wurdest.
Und ja, bei mir gab es auch schon Erstgespräche, bei denen InteressentInnen relativ begeistert berichtet haben, dass sie meine Blog-Artikel gefunden haben und die Transparenz gut fanden. Oder dass Ihnen meine Referenzen richtig gut gefallen haben.
Und ich selbst war auch schon begeistert, wenn ich etwas online entdeckt habe, das mir weitergeholfen hat.
Und das ist absolut erfreulich und erstrebenswert, wenn Begeisterung stattfindet. Aber das lässt sich nicht erzwingen oder schon vorab als Erfolgsversprechen in ein Angebot inkludieren.
Wenn du dich um die Bedürfnisse deiner Besucher und die Grundlagen für die Website kümmerst, kann daraus aber immer öfter auch Begeisterung werden. Oder einfach Erleichterung. Oder ein Vertrauensvorschuss. Oder Sympathie. Oder eine moderate Mischung aus allem.
Und ja, ich finde eine moderate, positive Stimmung bei deinen Website-Besuchern kann durchaus mit den Erfolgsversprechen von begeisterten überglücklichen Website-Besuchern mithalten.