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Ängste und Unsicherheiten in der Selbstständigkeit

Dieser Artikel liegt als Entwurf schon länger in meinem Ordner. Und ab und zu versuche ich, ihn fertigzuschreiben. Aber erst vor kurzem war meine Stimmung wieder ›stabil‹, mich ausführlich mit dem Thema Ängste und Unsicherheiten in der Selbstständigkeit auseinanderzusetzen. Denn mitten drin in der Angst-Phase fällt das viel schwerer als in der Phase mit viel Aufwind, die danach kommt. War doch alles halb so wild. Läuft doch wieder. ;-)

Und ich schreibe diesen Artikel auch, weil ich sehr gut im Angst haben bin.
Auch wenn das jetzt vielleicht etwas merkwürdig klingt.

Blog-Artikel: Ängste und Unsicherheiten in der Selbstständigkeit

Hallo, ich bin Annika, selbstständige Designerin und ich unterstütze andere Selbstständige dabei, sich online und offline sichtbar zu machen. Am liebsten ohne oberflächliches Werbegetrommel sondern nachhaltig mit einer starken visuellen Basis.

Ich bin richtig gut im Angst haben.

Wir sind alle sehr unterschiedlich und das ist auch gut so. Ich persönlich bin zum Beispiel ein eher angstgetriebener, zurückhaltender Typ. Vorsichtig, vermeidend wenn möglich. Introvertiert.
Meine Komfortzone ist sehr gemütlich und ich muss mich schon ordentlich anstrengen, wenn ich mich da herauswagen möchte. Ich bin also Annika, nicht Pippi. Und das ist total ok. Davon brauchen wir nämlich auch welche. ;-)

Meine Ängste und Unsicherheiten nehme ich mittlerweile bewusster wahr und habe mich besser mit vielen von ihnen angefreundet. Auch weil ich erstaunt feststellen durfte, dass es nicht nur mir so geht.

Aber was ist Angst und Unsicherheit im Kontext der Selbstständigkeit eigentlich?

Hallo Existenzangst. Hallo tägliche Unsicherheiten.

Die meisten Selbstständigen, ExistenzgründerInnen und UnternehmerInnen werden so etwas wie ›Existenzangst‹ kennen. Manchmal begleitet uns die Angst nur unterschwellig. Ein anderes Mal schlägt sie zu wie ein kleiner Adrenalinschub, der vom Bauch in den Kopf hochsteigt, weil man sich der Angst plötzlich und mit Intensität bewusst wird. Wir schlagen uns mit vielen kleinen und großen Unsicherheiten rum, die uns in Form von Gedanken und Grübeleien ständig begleiten:

  • ›Was ist, wenn die nächsten Wochen oder gar Monate wirklich keine einzige Projektanfrage mehr kommt.‹
  • ›Was ist, wenn das Produkt, das ich mit viel Mühe vorbereitet habe, einfach niemanden interessiert.‹
  • ›Was ist, wenn ich mich total geirrt habe und meine Produkte sowieso keiner nutzen möchte.‹
  • ›Was ist, wenn meine Dienstleistung bald sowieso nicht mehr gebraucht wird.‹
  • ›Was ist, wenn meine Kommunikation total falsche Signale sendet und die Leute einfach nicht verstehen, was ich für sie tun kann.‹
  • ›Was ist, wenn ich über Wochen oder gar Monate zu wenig erwirtschafte und keine finanzielle Besserung in Aussicht habe.‹

Hier kannst du auch gern deine eigenen ›Was ist wenn‹-Szenarien einsetzen. Da fällt dir bestimmt was ein.

Es ist nur eine Phase, oder?

Bei mir war diese Realität vor einiger Zeit auch wieder sehr präsent, obwohl ich mich mit solchen Phasen ja eigentlich schon etwas auskenne. Es kam einfach bis auf Kleinigkeiten keine richtige neue Anfrage. Und die Anfragen, die reinkamen, waren irgendwie holprig:

So war meine letzte Phase mit Ängsten und Unsicherheiten.

Die letzten anderthalb Jahre (öhm, Stichwort Corona-Pandemie...) waren bei mir eh schon durch extreme Flauten und dann wieder kompensierende Phasen geprägt, in denen es schlagartig besser lief. Aber die Flaute ab Anfang 2021 hatte ich dann doch nicht so erwartet. Sagen wir mal so, es zog sich...

Zwei Angebote waren den Interessenten noch nicht mal eine richtige Rückmeldung wert. Bei solchen Verläufen kommt bei mir rückblickend meist der Verdacht auf, dass hier eigentlich nur irgendwer für ein Angebot gebraucht wurde.

Zwei andere Interessenten meldeten sich einfach nicht mehr, nachdem ich Ihnen die (wirklich einfache und praktische) Möglichkeit zur Terminbuchung mitgeteilt hatte.

Gleichzeitig schienen meine Website, meine Design-Pakete und neue Produkte in meinem Shop (zweites Standbein) weitestgehend uninteressant zu sein. Resonanz gleich null. Interessiert doch eh keinen. Und währenddessen wurden finanzielle Reserven einfach so von der vergehenden Zeit vertilgt. Juchee!

Ablehnung und Misserfolge. Und schon geht die Grübelei los...

Ablehnung & Misserfolge.
Und schon geht die Grübelei los...

Ich bin mir bewusst, dass Ablehnung dazugehört und nicht zwingend etwas mit mir zu tun haben muss. Aber wenn sich solche Ereignisse häufen, komme ich trotzdem automatisch ins Grübeln, was denn da mit mir eigentlich nicht stimmt. Und je länger diese Phase andauert, desto schwerer wiegen kleine und größere Misserfolge und Ablehnung auf einmal.

Vielleicht kennst du das aus deinem Business auch?
Früher habe ich das nur ungern offen geteilt, weil ich Sorge hatte, andere würden mich dafür verurteilen. Schließlich ist Ablehnung doch ein Zeichen dafür, dass ich nicht erfolgreich bin und nicht gut genug bin, oder?

Meine Güte, jetzt stell dich nicht so an.

Zugegeben dauerte diese Phase rückblickend wieder mal nicht so lange und war auch nicht wirklich existenzbedrohend.
Und ich kam mir danach wieder mal etwas blöd vor, weil ich so viel an mir gezweifelt habe. Ist ja alles gut gegangen. Sei doch nicht immer so ängstlich, Annika! Die anderen Selbstständigen stellen sich doch auch nicht so an.

Und ganz ehrlich, ich schreibe diesen Blog-Artikel jetzt gerade in einer Phase fertig, in der ich vier Website-Projekte und drei Corporate-Design-Projekte begleiten darf. Ich bin also gerade für mindestens zwei Monate ziemlich ausgebucht, eigentlich sogar länger. Dementsprechend kann ich gerade sehr easy über Ängste reden, weil ich gerade sicher bin, dass alles wieder gut ist. ;-)

Ich bin wohl doch nicht so erfolglos, wie ich vor kurzem noch dachte. Schon putzig, wie der eigene Kopf so tickt.

Aber ich weiß, dass die nächste Flaute und die nächste Phase mit Ängsten und Unsicherheit kommen wird. Und es wird auch schnell wieder Zweifel geben, ob der ganze Aufstand sich eigentlich lohnt und ob meine Arbeit eigentlich gut genug ist.

Das geht doch bestimmt nur mir so.
Alle anderen sind da viel selbstsicherer.

Vor Jahren war ich unheimlich beeindruckt, einen Blog-Artikel zu dem Thema wirtschaftliche Unsicherheit zu lesen.
Darin sprach die Person offen über finanzielle Engpässe und damit verbundene Ängste in der Selbstständigkeit. Das war für mich damals ein riesiges Tabu-Thema.
Über finanzielle Unsicherheit und damit verbundene Ängste zu reden, wäre für mich früher nicht in Frage gekommen. Denn ich hätte zu viel Sorge gehabt, dass mein Umfeld und potentielle KundInnen das automatisch mit Misserfolg gleichsetzen.

Ein Dienstleister, der gerade keinen Auftrag hat, zu wenig erwirtschaftet und Angst hat, muss automatisch ein schlechter Dienstleister sein. Aber was ist eigentlich so schlimm daran, offen über solche Themen zu sprechen? Vor allem, wenn die meisten Selbstständigen das Thema sowieso in unterschiedlicher Ausprägung kennen und schon erlebt haben.

Genau deswegen möchte ich das Thema Angst offen thematisieren, auch um anderen Selbstständigen zu zeigen:

Ängste, Unsicherheiten und Phasen, die nicht so erfolgreich sind, sind ganz normal.

Auch wenn du es vielleicht bezweifelst:
Du bist als Selbstständige mit Ängsten und Unsicherheiten nicht allein sondern in sehr guter Gesellschaft. Und wenn dir das Wort Angst zu krass ist, dann setz stattdessen gern Begriffe wie Sorgen, Zweifel und Unsicherheiten ein. Die gehören mit in das Spektrum.
Und Ängste und Unsicherheiten sind vor allem nicht per se etwas schlechtes, für das man sich schämen muss. Aber darauf kommen wir noch.

Oft hat man als Selbstständiger aber das Gefühl, nur man selbst hat diese Probleme. Andere Selbstständige wirken im Vergleich nach außen selbstsicherer, erfolgreicher. Man käme nie auf die Idee, dass es denen genauso gehen könnte.

Natürlich muss nicht jeder ständig Angst haben, nur weil er oder sie selbstständig ist. Und wir müssen uns nicht immer verletzlich zeigen und der ganzen Welt mitteilen, wie schlecht es gerade läuft und wie sehr uns manchmal die Knie schlottern. Vor allem weil es ja auch oft gar nicht so schwarz oder weiß ist, denn die Übergänge sind fließend.

In einer Phase der Unsicherheit kann gleichzeitig auch viel Gutes los sein.

In einer Phase der Unsicherheit kann gleichzeitig auch viel Gutes los sein.

Wo an einem Tag alles super läuft, taucht am nächsten Tag auf einmal ein Problem auf, das alles auf den Kopf stellt. Und am übernächsten Tag ist es wieder gut.

Bei mir ist es mittlerweile sogar so, dass ich in einer Phase der Unsicherheit mit wenig Aufträgen zwar leicht unruhig werde, was die wirtschaftlichen Aussichten betrifft. Gleichzeitig freue ich mich aber, freie Zeitkapazitäten für andere Projekte (mein zweites Standbein), für die Weiterentwicklung und für diesen Blog hier zu haben.

Also fühlt sich eine Phase, in der es nicht so ›erfolgreich‹ läuft, gar nicht so mager und leer an sondern im Gegenteil, es geht dann erst so richtig mit Vollgas weiter.

Vorurteile zur Selbstständigkeit spielen auch eine Rolle.

Aber erklär diese gegensätzlichen, gleichzeitig auftretendenen Zustände mal deinem Umfeld, das vielleicht wenig Erfahrung mit deiner Art von Selbstständigkeit hat und dich eher bedauert, weil du gerade zu wenig Aufträge hast. Diese Selbstständigkeit ist ja scheinbar doch eine ziemlich unsichere Sache.

Die Vorstellung, dass ich zuhause rumsitze und ängstlich auf den nächsten Auftrag warte, ist aus meiner heutigen Sicht irgendwie absurd. ;-) Aber manchmal glaube ich, dass manche (noch) Nicht-Selbstständige das vielleicht als Bild vor ihrem inneren Auge sehen.

Lies dazu auch meinen Artikel Vorurteile & Wahrheiten über meine Selbstständigkeit.

Selbstständigkeit ist keine Aneinanderreihung von Erfolgen.

Als Selbstständige sollten wir vielleicht öfters damit aufhören, so zu tun, als wäre Selbstständigkeit eine geradlinige, gut organisierte und durchgeplante Reise. Nur bestehend aus erfolgreichen Ergebnissen, die hübsch geordnet nach außen präsentiert werden.

Der holprige Rest hinter den Kulissen wird einfach dezent ausgespart, damit bloß keiner merkt was eigentlich noch los war, um zum erfolgreichen Ergebnis zu kommen. Entschuldigung, aber ich bin mir ziemlich sicher: Das ist in den allermeisten Fällen Blödsinn.

Selbstständigkeit ist keine Aneinanderreihung von Erfolgen.

Erfolgreiche Selbstständigkeit ist nämlich auch eine Aneinanderreihung von Fehlern und Überwindung von Unsicherheiten und noch nicht so erfolgreichen Zuständen.

Fehler, aus denen man immer weiter lernt, um sich weiterzuentwickeln und daraus letztendlich Erfolge zu machen bzw. besser zu werden. Lies dazu auch meinen Blog-Artikel Was mein früheres ich nicht von mir wissen will.

Die meiste Verbesserung und Weiterentwicklung meiner Arbeit hat eigentlich fast immer durch Fehler und Stolperstellen stattgefunden.

Zum Beispiel, wenn ich im Prozess mit meinen KundInnen gemerkt habe, dass sich etwas nicht gut anfühlt oder irgendwie holprig war. Negative Erfahrungen haben mich viel mehr darin bestärkt, Veränderungen vorzunehmen als positive. Auch wenn die damit verbundenen Ängste und Unsicherheiten sich nicht immer gerade gut angefühlt haben.

Wie gut bist du im Angst haben?

Merkwürdige Frage oder?
Aber ich habe für mich feststellen dürfen, dass Angst eigentlich ein guter ›Helfer‹ ist, mit dem ich aktiv arbeiten kann. Ängste und Unsicherheiten kann man ausnutzen, um ins Handeln zu kommen und sich zu bewegen. Zumindest, solange man sich von Ängsten nicht lähmen und ausbremsen lässt und sie offenlegt, akzeptiert und dann sinnvoll umnutzt.

Ängste vor und in der Zusammenarbeit.

Diese Frage nach Ängsten und Unsicherheiten begleitet mich auch oft unterschwellig vor und in der Zusammenarbeit mit meinen LieblingskundInnen. Da es oft Existenzgründer und andere ›kleine‹ Selbstständige sind, sind Ängste und Unsicherheiten durchaus ab und zu da.

Das sind typische Ängste, Unsicherheiten und Hürden vor und in der Zusammenarbeit:

  • Sinnvolle Projekte wie die eigene Website werden immer wieder verschoben, weil die Angst vor dem Zeitaufaufwand oder der Auseinandersetzung zu groß ist.
  • Durch die Angst, nicht gut genug zu sein, werden Website-Inhalte nie fertig, weil es ja unbedingt perfekt werden soll.
  • Durch die Angst, falsch oder zu viel in Design zu investieren, wird die Investition lange nicht umgesetzt. Stattdessen wird immer nur in der eigenen Wohlfühlzone oberflächlich ein bisschen herumprobiert. Dadurch bewegt sich aber nichts, die Weiterentwicklung stagniert.
  • Durch die Angst, sich für ein falsches Angebot zu entscheiden, wird stattdessen lieber einfach nichts gemacht.
  • Durch die Angst vor den Themen, die einem selbst fremd sind, wird lieber ganz wenig oder überhaupt nicht aktiv mitgemacht. Das kann Angst vor Technik sein aber betrifft auch Themen wie Onlinemarketing, SEO etc.
  • Durch die Angst, dass einem das Design-Ergebnis später nicht gefällt, fällt schon allein die Suche nach einem passenden Designer total schwer.

Lies dazu auch meinen Artikel ›Warum scheitert die eigene Website‹ oder ›Was ist, wenn dir das Logo nicht gefällt‹.

Die Angst, in Design zu investieren, das sich ja dann doch nicht konkret auszahlt, ist in meinem Business relativ ausgeprägt. Und das kann ich sehr gut verstehen, weil Design meist nichts Handfestes ist, dessen Erfolg so richtig messbar ist. Lies dazu auch meinen Artikel ›Design bringt nichts‹.

Unsicherheiten und Hürden offenlegen und bewusst machen.
Dann geht es leichter.

In der Zusammenarbeit erlebe ich aber auch oft viel Weiterentwicklung und Vorankommen. Das betrifft dann meist Selbstständige, die zwar auch unsicher sind (wie wir alle) aber es zugeben können und vor allem dann trotzdem handeln und weitermachen. Sie überwinden die Hürden und arbeiten sich schrittweise zu einem erfolgreichen Zustand vor.

Das macht vieles einfacher. Auch in der Zusammenarbeit. Weil ich natürlich auch darauf angewiesen bin, dass Unsicherheiten und Probleme offen kommuniziert werden. Ansonsten kann ich im Prozess nämlich noch so viel ermuntern, schieben und vorantreiben. Wenn der Kunde/ die Kundin es nicht schafft, die eigenen Hürden zu überwinden, wird es den Prozess lähmen.

Nach meiner Erfahrung nimmt man den Hürden, Grübeleien und dem Auf-der-Stelle-Treten schon viel Macht weg, wenn man sich die dahinter steckenden Unsicherheiten und Ängste bewusst macht und sich vor allem nicht dafür verurteilt.

Dazu einer meiner Lieblings-Sprüche, den es in vielen Varianten gibt (ich glaube, das Original ist von Eleanor Roosevelt):

Mut ist nicht die Abwesenheit von Angst, sondern wenn man trotz Angst handelt.

Mut ist nicht die Abwesenheit von Angst.
Sondern wenn man trotz Angst handelt.

Ich würde mich wirklich nicht für mutig halten.
Gleichzeitig würde ich schon sagen, dass Handeln und dieses ›Trotzdem Weitermachen‹ ein wesentlicher Anteil in meiner Selbstständigkeit sind. Natürlich nicht aktionistisch und von der Angst aufgescheucht.
Aber langsames, stetiges Vorankommen, manchmal nur im Schneckentempo, das kriege ich hin!

Und früher hätte ich definitiv gedacht, es ist ziemlich mutig, diesen Artikel zu schreiben. Heute finde ich das fast normal. Aber nur fast.

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