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Begrenztheit in der Selbstständigkeit

Quartalsbericht 1 / 2022

Meine Gefühlskombination der letzten Monate im ersten Quartal 2022:
(Pflicht-)Dankbarkeit, Ehrgeiz, Kopf-Erschöpfung und Erkenntnis meiner eigenen Begrenztheit.

Blog-Artikel: Quartalsbericht 1 2022 – Begrenztheit.

Hallo, ich bin Annika, selbstständige Designerin und ich unterstütze Selbstständige dabei, sich online und offline sichtbar zu machen. Am liebsten ohne oberflächliches Werbegetrommel sondern mit einer stabilen visuellen Basis.

Designerin für Selbstständige, zum Beispiel für deine Website

Zuerst die Dankbarkeit

Ich habe mir ›langsam aber sicher‹ mit einem Content-Marketing eine ordentliche Basis aufgebaut, um von potentiellen Kunden gefunden zu werden, die gut zu mir und meinem Schwerpunkt passen. Ich würde sagen, das ist mir die letzten Monate gelungen. Und dafür und dass ich selbstständig so arbeiten kann, wie ich möchte, bin ich auch sehr dankbar.

Aber ehrlich gesagt ist diese Dankbarkeit gerade etwas, das ich auch ein bisschen als ›Pflichtprogramm‹ wahrnehme. Ja, ich ›muss‹ auf jeden Fall dankbar sein. Aber es fühlt sich gerade trotzdem eher vollgestopft und stressig an. Sage ich mal ganz offen und damit auch irgendwie wieder undankbar...

Daraus resultierender Ehrgeiz

Was ich nämlich auch gemerkt habe:
Es ist etwas anderes, diese funktionierende Sichtbarkeit (die sich in tollen Anfragen und Projekten äußert) auch wirtschaftlich am laufenden Band in erfolgreiche Ergebnisse umzusetzen.

Ja, meine Arbeit muss wirtschaftlich rund laufen. Ja, ich muss ›funktionieren‹. Und das mache ich in der Regel auch gern und viel. Und ich habe die letzten Monate auch wieder viel gelernt und trainiert, zügig kreativ zu sein und schnell von Projekt A auf Projekt B umzuschalten.

Aber wenn tagtäglich nach Projekt A, Projekt B, dann Projekt C und wieder A und dann F kommt... Ich bin eben keine Maschine. Ich bin keine Fließband-Produzentin. Bei meiner Arbeit hält das Fließband manchmal einfach an, weil der aktuelle Logo-Entwurf sich nicht gut anfühlt (einfach sch... aussieht). Und dieses Anhalten oder Extra-Runden-drehen kann und möchte ich nicht zugunsten einer ehrgeizigen Wirtschaftlichkeit komplett wegoptimieren.

Darin mögen andere kreative Dienstleister besser sein. Pragmatischer, robuster und leistungsfähiger.

Aber ich merke, dass das Extra-Runden-Drehen, Warten und nochmal Neu-Überlegen wichtig und notwendig ist. Weil ich ja sehe, was am Ende dabei heraus kommt.

Und das mag ich bei meiner Arbeit. Die Transformation einer Idee zu etwas, das sichtbar ist, das eigenwillig ist. Etwas, das Spaß macht und sich gut und stimmig anfühlt. Die Entwicklung eines Logos oder Corporate Designs ist manchmal wie ein Rätsel zu lösen, für das es aber keine allgemeingültige Lösung gibt, die man in einem Lösungsbuch nachschauen könnte. ;-)

Komische Kopf-Erschöpfung

Nur manchmal ist es nicht so einfach, auf Knopfdruck immer schön gleichmäßig produktiv zu sein. Zum Beispiel, wenn in Europa Krieg ausbricht und viele persönliche Gewissheiten (oder rückblickend etwas naive Einstellungen) einfach mal weg sind. Wenn so langsam alle gefühlt etwas dünnhäutiger sind, weil die Welt irgendwie doof ist (und die letzten zwei Jahre eine Pandemie war). Oder wenn es einen privat mal umhaut. Soll ja durchaus auch vorkommen, dass es da nicht immer friedlich und harmonisch läuft.

Dann fühlt sich die eigentlich tolle Arbeit irgendwie stumpfer an. Die Erschöpfung ist eher im Kopf, da wo es laut Klischees zu meinem Berufsstand eigentlich bunt und kreativ sein sollte.

Begrenztheit

Begrenztheit ist DAS Wort meines ersten Quartals...

Ich hatte mir für dieses Jahr und für die einzelnen Quartale Ziele gesetzt.

Ein Ziel war eine richtig gute gleichmäßige Auslastung. Und ich wollte dieses Jahr eine bestimmte Zahl an Design-Paketen ›verkaufen‹.

Aber schon als ich diese Zahl festgelegt habe, merkte ich, dass es eigentlich eine ziemlich kleine Zahl ist. Ich habe gedacht, das klingt ja putzig und überschaubar: Zehn bis zwölf Design-Pakete (natürlich am liebsten die umfassenderen) als Minimum in einem Jahr. Sozusagen pro Monat ein größeres Projekt (auch wenn es meistens ja eher mehrere Projekte sind, die etwas zeitversetzt anfangen).

Und gleichzeitig ist mir beim Setzen dieses messbaren Zieles bewusst geworden, dass diese Zahl als Soloselbstständige eben einfach realistisch ist. Meine Selbstständigkeit ist in der Hinsicht nicht wirklich nach oben skalierbar. Ich bin als Einzelperson selbstständig und das möchte ich auch bleiben.

Dementsprechend könnte ich eine höhere Zahl an Paketen nur verkaufen, in dem ich mehr in kürzerer Zeit schaffe. Und das hat dann schnell mit Selbstausbeutung zu tun. Weil pro Tag einfach nicht auf Knopfdruck noch mehr kreative Leistung passt.
Weil im Hintergrund viel Prozess-Optimierung, Organisation und Kommunikation mitschwingt, die auch noch gemacht werden möchte.

Man ahnt es vielleicht schon.
Versucht habe ich das ›Mehr in kürzerer Zeit‹ natürlich trotzdem...

Trotzdem habe ich ehrgeizig versucht, möglichst viel von dem Ziel schon möglichst schnell zu erreichen und zu übertreffen. Wer weiß, wann die nächste Flaute kommt. Lies dazu auch meinen Blog-Artikel Über Ängste in der Selbstständigkeit.

War mein Quartal 1 also ein Erfolg?

Mein Quartal 1 war voll mit neuen Aufträgen und laufenden Projekten, die jetzt zum Teil auch noch in Quartal 2 hineinragen:

  • Drei neue Logo-Projekte (mit Corporate Design)
  • Ein neues Website-Projekt
  • Ein neues Erscheinungsbild + Website-Projekt
  • + Drei laufende Website-Projekte, die aus dem Vorjahr mitgenommen wurden.
  • + Die ganzen kleinen und größeren Projekte, die noch drumherum für Bestandskunden laufen.

So gesehen habe ich in Quartal 1 eigentlich schon mein Halbjahres-Ziel erreicht. Und es waren / sind tolle Projekte dabei, die ich auch sehr gern umgesetzt habe und noch fertig umsetze. Also, eigentlich ein voller Erfolg.

Aber ich musste dafür meine Grenzen der Auslastung schon sehr dehnen. Und dann kamen unvorhergesehene Zustände und Phasen und Ereignisse, die eben nicht gerade dazu beigetragen haben, dass ich immer schön gleichmäßig produktiv war. Wie gesagt, manchmal ist die eigene Leistungsfähigkeit etwas begrenzter, da kann man sich noch so sehr zwingen, weiterzumachen...

Das sind meine Erkenntnisse aus dieser Phase:

  • 1. Mein Contentmarketing funktioniert.
    Mein Schwerpunkt ist super. Meine Richtung ist richtig. Meine Art mich und mein Angebot sichtbar zu machen, bringt zwar keinen massenhaften Traffic und Unmengen an Anfragen aber funktioniert qualitativ sehr gut und angenehm.
  • 2. Ich bin dauerhaft nicht so leistungsfähig, wie ich mir das gern vormachen würde.
    Offenbar bin ich nicht so robust und gleichbleibend produktiv, wie das auf meiner ToDo-Liste gewünscht ist.
  • 3. Wenn ich nur noch wie am Fließband arbeite, fällt irgendwo etwas anderes runter.
    Andere Ziele sind also nicht gleichzeitig erreichbar, nur weil ich sie auch noch festgelegt habe.
  • 4. Ich bin begrenzt.
    Und diese Grenzen lassen sich nicht wegoptimieren. Zumindest sehe ich da momentan kein realistisches Potential.
    Auch wenn die Selbstoptimierungs-Bubble mir das gerne ständig vermitteln möchte.
  • 5. Überlastung ist kein Dauerzustand und ernst.
    Es geht nicht, ruhigere Phasen immer nach hinten zu verschieben.

Ich habe jetzt mit dem beginnenden zweiten Quartal Konsequenzen gezogen. Es gibt noch eine offene Anfrage also potentiell ein neues Projekt, das ich im 2. Quartal gerne starten möchte, wenn der Kunde denn auch mag ;-).

Aber abgesehen davon werde ich jetzt bis zum Sommer-Ende keine neuen Projekte mehr annehmen. So habe ich jetzt eine Phase, in der alles wieder ruhiger und überschaubarer wird.

Risiko Nein Sagen

Mir ist bewusst, dass diese Entscheidung, nicht überall gut ankommt. Bis August sind es noch fast vier Monate...

Wer wartet schon gern so lange, wenn er oder sie jetzt so langsam mal mit dem eigenen Erscheinungsbild oder der eigenen Website loslegen möchte. Aber auf der anderen Seite ist die Nachfrage nach meiner Arbeit sowieso ziemlich ›launenhaft‹. Mal fragen alle gleichzeitig an, dann ist sowieso wieder Flaute.

Ich habe gelernt, dass ich in der Hinsicht sowieso wenig ausrichten kann – außer mir ein stabile Basis online aufzubauen, die schön gemütlich und stetig für InteressentInnen erreichbar ist. Lies dazu auch meinen Artikel Woran es auch liegen könnte, wenn deine Sichtbarkeit online (noch) nicht funktioniert oder Wenn ich nach ein paar Monaten Contentmarketing aufgegeben hätte.

Aber trotzdem beschäftigt mich die Frage, ob es ok ist, so deutlich Nein zu sagen? Eine so deutliche Pause für neue Anfragen zu setzen? Und was mache ich mit dem schönen Call-to-Action (Handlungsaufforderung) auf meiner Website? Der ist ja jetzt quasi drei Monate arbeitslos...

Wenn der Call-to-Action arbeitslos ist...

Was ist eigentlich, wenn der Call-to-Action auf meiner Website jetzt arbeitslos ist.

An jeder Ecke im Onlinemarketing wird zu Recht immer wiederholt, dass es wichtig ist, eine klare Handlungsaufforderung für die Website-Besucher einzubauen. Meine wichtigste Handlungsaufforderung ist die Terminbuchung für ein Kennenlerngespräch. Und auch wenn da jetzt nicht die Riesen-Menge an Anfragen reinkommt, ist es doch meine zentrale Aufforderung für Interessenten.

›Wenn du soweit bist und eines meiner Pakete zu dir passt, lass uns kennenlernen‹. Da klingt ein ›Lass uns in frühestens drei Monaten kennenlernen‹ irgendwie merkwürdig.

Und ich war kurz davor, meine Entscheidung schon wieder selbst zu relativieren. Ich habe direkt nach Deaktivieren der Termine überlegt, ob ich nicht wenigstens die Terminbuchung wieder früher starte...

Aber ehrlicherweise ist es nicht so optimal im Mai oder Juni miteinander zu reden, um das Projekt dann erst Ende August oder Anfang September zu starten. Und außerdem würde ich dann auch wieder Termindruck aufbauen, wo jetzt eigentlich keiner mehr hinsoll.

Schließlich sind die nächsten Wochen noch voller Arbeit und da waren ja auch noch ein paar andere Quartalsziele, die ich hier gar nicht erwähnt habe und die bisher etwas zu sehr hinten rüber gefallen sind. Also gibt es eh mehr als genug zu tun.

Die Phasen der ruckelnden Anpassung in der Selbstständigkeit

In erster Linie wollte ich meine Erkenntnisse aus dem 1. Quartal sortieren und schriftlich festhalten. Und ich habe auch vor, das in den nächsten Quartalen zu wiederholen. Auch um Verbindlichkeit herzustellen. Wenn ich den Blog-Artikel veröffentliche, habe ich es nämlich ausgesprochen und kann es nicht einfach wieder verdrängen.

Ich glaube, es gibt Personen, die finden das alles irgendwie unpraktisch und anstrengend, wenn Dienstleister und Selbstständige raushängen lassen, dass sie gerade zu viel zu tun haben und es einfach nicht mehr so schaffen.

Die sollen doch einfach ihren Job machen und fertig.
Die sollen sich besser organisieren oder ihr Business so ausrichten oder vergrößern, dass alles immer schön rund und wirtschaftlich läuft. Stimmt! Das glaube ich meistens auch und dass ich das auch glaube, ist wahrscheinlich Teil des Problems. ;-)

Aber über die Phasen der Überforderung und Phasen der etwas ruckelnden Anpassung dürfen wir Selbstständigen auch reden. Über die Unsicherheiten und Hürden und das, was mal nicht so perfekt herzensbusiness-mäßig läuft.

Damit andere auch sehen, dass es diese Phasen (nicht nur bei ihnen selbst) gibt.

Schließlich gibt es noch die ganzen anderen Selbstständigen, die vielleicht erleichtert sind, wenn es nicht nur ihnen so geht, sondern anderen auch. Und damit wir nicht alle ständig dieser Stimme in unserem Kopf hinterherlaufen, die sowas sagt wie:
Stell dich nicht so an. Sei halt robuster. Mach halt schneller. Die anderen kriegen das ja auch immer toll hin.

Das Bekloppte an meiner aktuellen Phase ist nämlich:
Wenn ich die letzten Monate mal wirklich in Hinblick auf die ganzen geschafften Aufgaben und Ergebnisse anschaue, habe ich viel, viel mehr geschafft als früher in vergleichbarer Zeit. Nur wiegt das im Kopf leider nicht so schwer wie die ganzen unerledigten und neu aufploppenden Aufgaben. Weil das, was noch nicht geschafft ist, immer mehr meine Aufmerksamkeit bekommt.

Mein Fazit zum ersten Quartal 2022

Ich habe jetzt ausprobiert, mein Quartals-Ziel zu übertreffen und meine Grenzen auszudehnen. Und dabei habe ich meine Grenzen recht deutlich gefunden. Begrenztheit ist vorhanden. Begrenztheit ist ok. Jeder so wie er kann.

Also gibt es eben ab jetzt auch Phasen, in denen ich nichts neues annehme. So machen es die Onlinebusiness-Leute mit ihren Launches schließlich auch. Türen auf. Türen zu. ;-)

Und die Entscheidung fühlte sich direkt, nachdem ich es nach außen kommuniziert hatte, richtig gut und erleichternd an. Da war sofort der Gedanke: Das hätte ich schon eher machen sollen.

Und gefühlt habe ich das erste Mal seit Jahren(!) einen Zustand hergestellt, in dem ich Feiertagsbrücken im Mai und Juni endlich mal mit ruhigem Gewissen mitnehmen kann. Und dass das die letzten Jahre nie geklappt hat, ist eben auch einfach ein Zeichen dafür, dass das Verschieben von Freizeit und ruhigeren Phasen nicht immer weitergehen sollte.

Und InteressentInnen können sich ab Sommer so auch sicher sein, dass es mit Motivation und weiter verbesserten Prozessen und sortierter losgehen kann.

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